Mittwoch, 22. November 2006

Munition für Populisten Reloaded - Die Messer gewetzt, die Colts geladen.

Wie das zu erwarten war, ist noch lange nicht Schluss mit dem Emsdetten/Killerspiele Vorfall. Die üblichen verdächtigen auch bekannt als unsere Konservativen haben sich wie erwartet zu Wort gemeldet. Dabei sind die Aussagen gewohnt populistisch. Es ist doch schön wenn man nicht enttäuscht wird. Oder?!?

Wie dem auch sei die Politiker sind natürlich nicht die einzigen die reagiert haben auch G.A.M.E., der Bundesverband der Entwickler von Computerspielen, hält eine Stellungsnahme für unabdingbar. In einer Pressemeldung äußerte man sich wie folgt: "Energisch wenden wir uns allerdings gegen die politische Instrumentalisierung der Vorkommnisse. Wir wenden uns gegen die Kriminalisierung unseres Berufstandes und den Versuch einiger Verantwortlicher in unserem Land, ein international öffentlich, wissenschaftlich und kulturell anerkanntes Medium und dessen Künstler und Kreative mit nicht haltbaren Argumenten als Verantwortliche für den Amoklauf zu diffamieren. Computer- und Videospiele sind nicht die Ursache für diese Tat. Das bestätigen viele aktuelle Aussagen von Experten, Psychologen und Pädagogen in der Presse. Vielmehr geht es um die Sorgen und Nöte einer Generation jugendlicher Menschen, die in Familie, Schule, Beruf und Gesellschaft offensichtlich zu wenige Möglichkeiten für Selbstbestätigung, Anerkennung und Hilfe im Krisenfall findet.

Wir finden es schlicht unseriös, Computer- und Videospiele immer wieder für ein gesamtgesellschaftliches Problem anzuprangern. Wie schon so oft in der Vergangenheit werden wir nach unserer Verantwortung als Produzenten gefragt. Wir sind uns dieser Verantwortung bewusst und vertrauen auch ganz bewusst auf die Vielzahl gesetzlicher Regelungen in Deutschland, mit deren Hilfe Gerichte, Bundesbehörden und die Bundesländer Kinder und Jugendliche vor Inhalten schützen, die für sie ungeeignet sind. Dieses Aufgebot an professionellem Jugendschutz ist weltweit einmalig und wird von uns aktiv unterstützt.

Computerspieler sind keine Randgruppe. Gespielt wird in jeder Bevölkerungsgruppe. Computerspiele begeistern das sechsjährige Mädchen ebenso, wie den 40-jährigen Politiker, die Sekretärin oder einen 70 Jahre alten Rentner. Diese Menschen haben innerhalb des gesetzlichen Rahmens das Recht, selbst zu entscheiden, was sie spielen möchten. Dieses Recht gilt es ebenso zu wahren wie den Jugendschutz zu gewährleisten. Jugendschutz darf nicht an der Kinderzimmertür aufhören. Eltern müssen kontrollieren, was ihre Kinder dort tun - ob und was sie spielen, welche Musik sie hören und welche anderen Interessen sie haben. Eltern und Pädagogen haben die Pflicht, sich aktiv um Kinder und Jugendliche zu kümmern und müssen reagieren, wenn sich diese auffällig verhalten und immer aggressiver und verschlossener werden.

Während also medial die Symptome in den Vordergrund gestellt werden, fällt die Frage nach der Ursache für das Attentat unter den Tisch: Wie kommt ein 18-jähriger an Waffen, Munition und Sprengstoff? Wie kann es sein, dass er von seinem sozialen Umfeld so im Stich gelassen wurde? Wie kann es sein, dass er seit über drei Jahren in verschiedenster Form im Internet, im Freundeskreis, in der Schule und sogar bei professionellen, psychologischen Diensten auffällig geworden ist und um Hilfe bat, ohne dass darauf entsprechend reagiert wurde?

Wir fordern die Politik daher auf, nicht erneut das Versagen unserer sozialen Systeme zu ignorieren und den schwarzen Peter wieder einmal unreflektiert an die Computerspieleindustrie weiterzureichen. Wir brauchen in Deutschland keine strengeren "Verbote" - bestehende Verbote müssen besser überwacht werden. Wie sonst sind Robert Steinhäuser und Bastian B. an ihre Waffen bzw. Bomben gekommen? Wir brauchen mehr Initiativen, die Schülern und Jugendlichen Hilfe bei sozialen Problemen bieten. Wir brauchen mehr professionelle psychologische und pädagogische Ansprechpartner für Lehrer, Eltern und Pädagogen, die bei der Erziehung von Jugendlichen und Schülern überfordert sind.

Öffentliche Gelder müssen wieder verstärkt in die Unterstützung unserer sozialen Systeme fließen und nicht in den Aufbau von strengeren Zensurbehörden oder von kriminalistischen Instituten, die sich nur mit den Symptomen und nicht mit den Ursachen beschäftigen."


Nun als normal denkender Mensch, für den ich mich halte, der teilweise als Konsument solcher medialen Inhalte betroffen ist und sich um Objektivität bemüht, muss ich dennoch sagen das ich das was G.A.M.E. sagt doch unterschreiben kann. Ich finde es sehr positiv das sie Ideen und Vorschläge in dem Statement bringen und die gleichen Fragen aufwerfen die ich gestern auch schon geäußert habe und nicht das ganze nur von sich wegschieben.

Aber solche Äußerungen haben nicht viel Sinn wenn man sich einmal die Meinung der Konservativen dieses Landes zu diesem Thema ansieht. In einem Interview mit Helmut Beckstein hat dieser einige interessante oder eher bedrückende Aussagen getroffen. Dort werden Bombenbau, Kinderpornographie und Killerspiele in einem Atemzug genannt und quasi gleichgestellt. Wenn man dann später ließt das er nicht möchte das Orwell Realität wird, dann beruhigt mich das nicht im geringsten, sondern führt eigentlich nur zu einem Lachen, mit sehr bitterem Beigeschmack.

Der Erignisse überschlagen sich und nachdem der Entwicklerverband G.A.M.E. bereit Stellung zur aktuellen "Killerspiel"-Diskussion nahm, folgt nun die Meldung vom Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), dem u.a. namhafte Unternehmen wie EA, Kochmedia oder Ubisoft angehören: "In der aktuellen Berichterstattung gerät zunehmend die Debatte um ein Verbot von „Killerspielen“ in den Vordergrund. Vielen Berichten ist zu entnehmen, dass das Computerspiel „Counterstrike“ den Täter zu der schrecklichen Tat animiert haben soll. Die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden, sowie die von dem Delinquenten vor seiner Tat ins Internet gestellten Informationen, deuten dagegen auf einen sehr komplexen Tathintergrund hin. Offensichtlich befand sich der Täter in einer schwierigen und für ihn aussichtslosen Lebenssituation. Dem Abschiedsbrief ist zu entnehmen, dass er in erster Linie die Schule und das soziale Umfeld für seinen verlorenen Lebensmut und seine Perspektivlosigkeit verantwortlich machte. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Konsum gewalthaltiger Medien und der Tat sind nach den bislang vorliegenden Informationen nicht erkennbar. Im vorliegenden Fall hat aus unserer Sicht nicht der Jugendschutz versagt. Vielmehr haben die sozial-staatlichen Mechanismen, die Jugendlichen Orientierung und Unterstützung für ein Erwachsenenleben mit Perspektive geben sollen, nicht gegriffen.

Wir appellieren an die Medien und die Politik, den Blick auf die eigentlichen Tatumstände nicht durch eine unsachliche Debatte über ein Verbot von „Killerspielen“ zu verstellen. Die aktuelle Gesetzeslage verbietet schon heute die Verbreitung von „Gewalt verherrlichenden" Computer- und Videospiele auf der Grundlage des Strafgesetzbuches. Die von einigen Politikern geforderte staatliche Kontrolle der Alterskennzeichnung ist seit der Novelle des Jugendschutzgesetzes im Jahr 2003 Lebenswirklichkeit. Die Alterskennzeichnung von Spielen für Kinder und Jugendliche erfolgt nicht durch eine Selbstkontrollinstitution der Industrie, sondern durch die Obersten Landesjugendbehörden der Länder. Von den Obersten Landesjugendbehörden nicht gekennzeichnete Spiele können jederzeit von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert werden. Deutschland verfügt damit über das engmaschigste Netz im Jugendmedienschutz. Ein generelles Verbot von Spielen für Erwachsene kommt einer Zensur gleich, welches angesichts der vielfältigen staatlichen Mechanismen nicht gerechtfertigt ist.

Den Opfern des tragischen Vorfalls in Emsdetten ist man eine sachgerechte Diskussion schuldig. Die Reduzierung der Tatumstände auf eine Debatte um ein Verbot von Killerspielen wird der Komplexität der Ursachen nicht gerecht und sie wird insbesondere den eigentlich Betroffenen keine Hilfestellung geben können."


Aber diese Sachlage hindert die Politiker nicht davor sich weiter gegen die gefährlichen Killerspiele zu rüsten und ihnen den Kampf anzusagen.

So kann man auf der Seite der ARD Tagesschau folgendes finden.

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein forderte, "Killer-Spiele" sollten "in der Größenordnung von Kinderpornographie eingeordnet werden, damit es spürbare Strafen gibt".
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6112564,00.html

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