Montag, 3. November 2008

Knieschuss?

Warhammer Online: Age of Reckoning (WAR) ist jetzt knapp 2 Monate alt. Obwohl Blizzard Wrath of the Lichking noch nicht released hat, kann man durch die gesamte Blogosphäre, aber auch in meinem Bekanntenkreis einen Trend ausmachen. Viele Spieler verlassen WAR auf unbestimmte Zeit um „später“ irgendwann einmal zu sehen wie sich das Spiel entwickelt hat.
Ich will Warhammer nicht absprechen ein gutes Spiel zu sein, ich habe bislang auch zu wenig davon gesehen um mir einen umfassenden Eindruck zu holen, was ich jedoch gesehen hatte, sah schon recht vielversprechend aus. Doch wenn man dem was so gesagt wird glauben schenken darf, dann hat ist dem Spiel irgendwo zwischen Beta und Release der Spielspass verloren gegangen.
Dieses Phänomen trifft gerade eine menge „Hardcore“ Fans die dem Spiel schon lange entgegengefiebert hatten. Ein großer Teil von ihnen war auch in der Beta und so ist für sie der Wandel unbegreiflich.

In der Vergangenheit wurde WoW oft vorgeworfen das sie ihr PvP zu spät ins Spiel integriert hätten und das ganze nur notdürftig übergestülpt wurde. Weiterhin behindern sich PvE und PvP permanent gegenseitig und auf dem Altar des PvP werden oftmals Talente und Skills geopfert bis sie im PvE nicht mehr zu gebrauchen sind und sich die entsprechende Klasse oftmals nicht mehr gut im PvE verkaufen kann und damit potenzielle Raid-Slots verliert. Ebenfalls wird das Arena-PvP von vielen kritisiert, weil Blizzard damit so stark in die e-Sports Lücke dringt und dort ein Balancing stattfindet, das ihnen zu sehr auf 1 vs. 1 Balance ausgerichtet ist, was in einem Fantasy MMORPG nach Sicht vieler Leute nicht von nöten ist, weil es dort um epische Massenschlachten geht, sobald das Wort PvP fällt.

Wie es aber aussieht hat Mythic entgegen des ursprünglichen Hypes, hier aber auch keine neue Genere-Referenz abgeliefert. Hier hat man im Kern ein gutes PvP-Spiel das sich aber, durch einige eigene Komponenten bisweilen selbst ein Bein stellt. So wie es ausschaut ist Warhammer zwar schon gut poliert auf den Markt gekommen, jedoch dürfte wohl niemand bestreiten, dass hier Content und einiger Feinschliff (Städte, Klassen, Post-System, Auktionshaus) auf dem Altar des frühen Releasedates geopfert wurde.
Hinzu kommt das die Teile des alten „klassischen MMORPGS“ irgendwie das Spiel behindern. Der Fehler hierbei liegt primär im Design, denn die Entwickler sollten typisches menschliches Verhalten berücksichtigen wenn sie bestimmte Mechaniken implementieren.
Die Spielerschaft wendet sich in der Regel immer der Tätigkeit zu die den besten Quotienten aus Risk / Reward darstellt. Sprich gesamt gesehen werden Spieler den Spielinhalt verfolgen, der bei möglichst geringem Risiko, das Maximum an Belohnung bringt, ganz gleich ob Belohnung in diesem Fall Erfahrungspunkte, PvP-Punkte oder Ausrüstung oder was auch immer sei. Dabei ist es völlig unerheblich das eine wesentlich spannendere Spielweise etc. bei nahezu gleichem Risiko 90% der Belohnung gibt, solange es eine effizientere Variante gibt von A nach B zu kommen, dann wird diese auch gewählt, selbst wenn es die langweiligste im gesamten Spiel ist. Wie sagte einer der großen MMORPG Entwickler einmal:

“Player’s tend to optimize the fun out.” (Unbekannt)


Das Problem ist folgendes: Obwohl es viele verschiedene Spielinhalte gibt mit Szenarien, RvR, Solo-Questen, Dungeons und Public Quests und man innerhalb dieser Kategorien ebenfalls bisweilen noch Auswahl hat, konzentriert sich auf sehr vielen Servern der Großteil der Spieler auf ein Szenario ihres Tiers, welches die größte Ausbeute an XP pro 15min bringt. Die anderen Spielinhalte liegen größtenteils brach. Vor allem Gelegenheitsspieler die nicht in einer Gilde organisiert sind, haben eine besonders harte Zeit und spüren diese Auswirkungen noch um einiges stärker.
Viele Spieler sind zu sehr damit beschäftigt, ihren Grind durchzuführen. Da will der Char auf Level 40 gezogen werden, Da wollen 80 Realmrangs gegrindet werden, da muss sich das Endgame Equip besorgt werden bis in dem Köpfen vieler Spieler „das eigentliche Endgame“ beginnt. Dies ist umso erstaunlicher da man von vielen selbsternannten „PvP-Spielern“ immer wieder zu hören bekommt das es in World of RepCraft aka World of GrindCraft, nichts anderes zu tun gibt als einen endlos öden Grind nach Ruf, Leveln und Equipment zu absolvieren.
Aber genau das schadet diesem Spiel. Das führt dazu das einige Hardcores extrem viel Zeit investiert haben beim Rennen auf Level 40 und dann relativ allein im „Endgame“ ankommen nur um Festzustellen, das ein Spiel in dem es um PvP gehen soll, es ganz schön schlecht ist, wenn man keine ebenbürtigen Gegner hat die es zu bekämpfen gillt, oder aber man geht den ganz anderen Weg und rationalisiert die PvP Komponente quasi aus dem Spiel indem man einen Raid auf die gegnerische Hauptstadt so tief in die Nacht legt, das man nahezu keine Spieler-Gegenwehr hat und das Spiel dadurch einem Pseudo-PvE verkommt.

Wenn man ehemalige Betaspieler so reden hört dann schütteln sie nur den Kopf und sie verstehen, wie ich oben schon einmal schrieb, einfach nicht wo auf einmal der Spass der Beta hin ist. Na ja. Die Sache ist sicherlich komplex, aber ich denk das größte Puzzelstück bei diesem Rätsel ist folgendes: In der Beta gab es sogenannt Focus-Tests. Sprich, die Spieler wurden konzentriert dazu gebracht einen bestimmten Aspekt des Spiel zu erforschen. Da musste kein Char gelevelt werden, keine Ausrüstung erfarmt, alles was man brauchte hatte man und in einer Woche wäre der Char weg und es gäbe einen anderen für den nächsten Focus Test. Wenn es also hieß „Focus Test Tier 3 – RvR“ dann waren alle Spieler in der gleichen Levelrange und sie konnten sich in epischen Schlachten gegenseitig die Burgen und andere RvR Objekte abluchsen, ohne das sie sich hätten drauf konzentrieren zu müssen irgendwelche Ausrüstung abzustauben. Man konnte das Spiel einfach Spielen und den Prozess als solches, die Reise sozusagen genießen, weil man sich um das Ziel keine Gedanken zu machen brauchte. In der Live-Version ist dies aber nicht mehr gegeben, hier zählt für viele oftmals das Ziel mehr als die reise dorthin.

Ein MMORPG ist kein statisches Gebilde. Aufgrund des Finanzierungsmodells wird daran nach der Veröffentlichung immer noch wesentlich mehr weitergearbeitet als an Solospielertiteln. Ein MMORPG wächst und reift. Auch WoW ist, auch wenn es viele Nörgler und Gelangweilte gibt, über 4 Jahre nach seiner veröffentlichung in einem wesentlich besseren Zustand als es das damals war. Die Klassen sind runder, es gibt mehr zu tun und das auf verschiedene Weise. Viel Content ist so getuned worden das er auch Casual Spieler anspricht usw.
Ganz klar jedes MMORPG das auf dem Markt ist fügt dem Gesamtpool an Erfahrungen und Features für MMORPGS etwas hinzu und wird zwangsläufig auch immer mit anderen Produkten des Generes verglichen. WAR hat heutzutage sowohl ein schwereres, sowie gleichzeitig auch ein leichteres Erbe als WoW. WoW hat MMORPG in Richtung Mainstream gebracht und das Genre credibile gemacht. Dies ist ein Pluspunkt auf den neue Titel innerhalb des Generes fußen können. Der Markt ist insgesamt enorm gewachsen und nachdem sogar die Times und South Park alle schon WoW behandelt haben muss es nicht mehr erklärt werden und ist aus der Ecke der Hardcore Nerds herausgekommen und ist nun auch für die Hausfrau oder den Rentner zugänglich die einmal in der Woche für eine Stunde spielen können.
Aber WoW hat natürlich auch die Meßlatte für „polish“ schön hoch gelegt und jedes neue Produkt wird ob gewollt oder ungewollt mit WoW verglichen, was bisweilen hart ist da sich ein neues Produkt, mit all seinen Kinderkrankheiten gegen ein erwachsenes WoW behaupten muss, welches die Kinderkrankheiten schon vor 2 oder 3 Jahren nicht mehr hat.

Ich bin daher zuversichtlich das sich WAR im laufe der Zeit auch entwickeln wird, allerdings wird es bis dahin vermutlich noch einmal federn lassen müssen, was im Endeffekt für dieses etwas „ernstere“ MMORPG vielleicht aber auch ganz gut ist, damit sich die Community „gesundschrumpfen“ kann.

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